Arbeitgeberattraktivität

Deine Werte, Deine Kultur: Warum Unternehmenskultur das neue Gehalt ist

ZW

Zora Wolbert

Veröffentlicht am 20. Februar 2025

Deine Werte, Deine Kultur: Warum Unternehmenskultur das neue Gehalt ist

Immer stärker rückt die Frage in den Vordergrund, was ein Unternehmen tatsächlich ausmacht – jenseits von Gehalt und Benefits. Während attraktive Vergütungspakete und materielle Anreize nach wie vor wichtig sind, zeigen aktuelle Studien, dass besonders die jüngeren Generationen Y und Z zunehmend nach tieferer Erfüllung und Identifikation mit ihren Arbeitsplätzen suchen. Eine transparente, wertebasierte Kultur erfüllt nicht nur die intrinsischen Bedürfnisse von Kandidat:innen, sondern wirkt auch als kraftvoller Hebel für langfristige Mitarbeiterbindung und nachhaltiges Unternehmenswachstum in einem immer umkämpfteren Arbeitsmarkt.

Kultur als zentraler Entscheidungstreiber

Unternehmenskultur ist längst nicht mehr das Sahnehäubchen auf einer Jobbeschreibung, sondern essenzieller Faktor für die Employer-Branding-Strategie. Gerade in Zeiten, in denen qualifizierte Fachkräfte zwischen mehreren Angeboten wählen können, wird die Frage nach dem "Wie" der Zusammenarbeit immer entscheidender. Bewerber:inne prüfen heute genau, ob Werte und Purpose wirklich gelebt werden oder nur leere Schlagworte auf der Karrierewebsite sind. Sie recherchieren auf Plattformen wie Kununu und Glassdoor, tauschen sich in sozialen Netzwerken aus und stellen kritische Fragen im Bewerbungsprozess.

Untersuchungen der Harvard University zeigen, dass sich 94 % der Mitarbeitenden in Unternehmen mit starker Kultur seltener nach Alternativen umschauen, während Firmen mit unklarer oder toxischer Kultur deutlich höhere Fluktuationsraten verzeichnen – oft unabhängig von der Höhe des gezahlten Gehalts. Der sogenannte ""-Trend hat diese Entwicklung noch verstärkt: Mitarbeitende verlassen heute Unternehmen nicht primär wegen besserer Gehälter, sondern aufgrund mangelnder Wertschätzung, fehlender Entwicklungsperspektiven und kultureller Diskrepanzen.

Werte und Purpose: Das Rückgrat der Kultur

Ein klar definierter Unternehmenszweck („Purpose") schafft Orientierung und motiviert Teams zu Höchstleistungen. Menschen sehnen sich danach, Teil von etwas Größerem zu sein und einen sinnvollen Beitrag zu leisten. Dieser intrinsische Antrieb kann ein wesentlich stärkerer Motivator sein als rein extrinsische Faktoren wie Boni oder Beförderungen.

Führungskräfte, die ihren Purpose in regelmäßigen Town-Hall-Meetings, Strategie-Updates und persönlichen Feedbackrunden glaubwürdig transportieren, verankern ihn im Arbeitsalltag. Dabei ist entscheidend, dass die kommunizierten Werte auch im Führungsverhalten sichtbar werden – nichts untergräbt eine Kulturinitiative schneller als Führungskräfte, die "Wasser predigen, aber Wein trinken". Werte wie „Respekt", „Innovation" und „Nachhaltigkeit" werden so nicht bloß leere Worthülsen, sondern verpflichtende Leitlinien, die in Zielvereinbarungen, Mitarbeitergesprächen und Boni-Strukturen messbar werden. Unternehmen wie Patagonia, deren Purpose "We're in business to save our home planet" nicht nur als Marketing-Slogan dient, sondern alle Geschäftsentscheidungen durchdringt, zeigen die transformative Kraft einer authentischen Zweckbindung.

Transparenz als Vertrauensbasis

Offene Kommunikation ist das A und O einer gesunden Kultur. In einer Zeit, in der Vertrauen zu einer der wichtigsten Währungen geworden ist, wünschen sich Mitarbeitende Einblicke in Entscheidungsprozesse, Budgetentwicklungen und Personalpläne – vor allem in herausfordernden Zeiten. Die Pandemie hat dieses Bedürfnis noch verstärkt, da Unsicherheit und räumliche Distanz im Home-Office klare Kommunikation umso wichtiger machen.

Monatliche „Behind-the-Numbers"-Meetings, in denen das Management Quartalszahlen und strategische Weichenstellungen erläutert und Fragen live beantwortet, fördern das Vertrauen und reduzieren Unsicherheiten. Auch regelmäßige Pulse-Checks zur Stimmungslage im Team und zur Zufriedenheit mit Entscheidungsprozessen liefern wertvolle Daten und signalisieren gleichzeitig: . Unternehmen wie Buffer gehen hier mit radikaler Transparenz voran, indem sie sogar individuelle Gehälter offenlegen und ihre Entscheidungskriterien transparent machen – ein Beispiel, das zwar nicht für jede Organisation passt, aber die Richtung vorgibt.

Sichtbarkeit der Kultur erhöhen: HR-Praxistipps

Mitarbeitenden-Interviews als Kultur-Storytelling

Regelmäßig veröffentlichte Videointerviews mit Mitarbeitenden unterschiedlicher Hierarchieebenen, Abteilungen und Dienstalter bieten authentische Einblicke in Arbeitsalltag, Teamdynamik und individuelle Erfolgsgeschichten. Diese persönlichen Narrationen transportieren Kultur oft wirksamer als jedes Wertepapier oder Leitbild. Fragen Sie nach persönlichen Highlights, Herausforderungen und Lieblingsritualen – so entsteht ein lebendiges Portfolio gelebter Kultur.

Besonders wirkungsvoll sind Interviews, die auch Schwierigkeiten und deren Überwindung thematisieren – etwa wie das Team mit einem Rückschlag umgegangen ist oder wie Konflikte konstruktiv gelöst wurden. Diese Ehrlichkeit schafft Glaubwürdigkeit und zeigt potentiellen Bewerber:innen, dass Fehler nicht nur toleriert, sondern als Lernchance begriffen werden. Die Interviews können auf der Karriere-Website, in sozialen Medien oder als interner Podcast veröffentlicht werden und dienen gleichzeitig der internen Kulturvermittlung und dem externen Employer Branding.

Behind-the-Scenes-Formate auf Social Media

Kurzvideos auf TikTok, Reels auf Instagram oder Stories auf LinkedIn, die spontane Büroszenen, Home-Office-Setups und Team-Events einfangen, schaffen Nähe und Authentizität. Anders als hochprofessionelle Imagefilme erlauben diese niedrigschwelligen Formate Einblicke in den tatsächlichen Arbeitsalltag – mit all seinen Höhen und Tiefen, lustigen Momenten und herausfordernden Situationen.

Echte Stimmen und ungestellte Eindrücke belegen, wie Werte im Arbeitsalltag praktiziert werden. Eine Führungskraft, die beim Teamfrühstück mithilft, eine improvisierte Brainstorming-Session im Pausenraum oder die gemeinsame Feier eines Projekterfolgs – solche Momentaufnahmen transportieren mehr über die Unternehmenskultur als jede Hochglanzbroschüre. Auch Day-in-the-Life-Formate, bei denen Mitarbeitende verschiedener Abteilungen durch ihren typischen Arbeitstag führen, bieten wertvolle Orientierung für potenzielle Bewerber:inne und fördern gleichzeitig das Verständnis für die Arbeit anderer Teams.

Interaktive Formate im Recruiting

Gamifizierte Online-Assessments, virtuelle Escape-Rooms oder kurze Culture-Fit-Quizzes im Bewerbungsprozess bieten Kandidat:innen nicht nur einen ersten Eindruck von kollaborativem Arbeiten, sondern demonstrieren auch, dass Lernen und Fehlerkultur integraler Bestandteil Ihres Unternehmens sind. Diese innovativen Ansätze setzen sich bewusst vom klassischen Vorstellungsgespräch ab und erlauben beiden Seiten, die kulturelle Passung frühzeitig zu evaluieren.

Probetage oder Projekt-Challenges, bei denen Bewerber:innen einen halben Tag mit dem potenziellen Team zusammenarbeiten, bieten noch tiefere Einblicke in die tatsächliche Arbeitsweise und -atmosphäre. Reverse-Mentoring-Elemente, bei denen Junior-Mitarbeitende im Recruiting-Prozess ihre Perspektive einbringen und Fragen beantworten können, unterstreichen zudem den Wert horizontaler Strukturen und generationsübergreifenden Lernens. Solche mehrschichtigen, interaktiven Formate signalisieren: Wir suchen nicht nur Arbeitskräfte, sondern Partner:innen auf Augenhöhe, die unsere Kultur aktiv mitgestalten.

Kultur als strategischer Wettbewerbsvorteil

Unternehmen, die ihre Kultur nicht nur definieren, sondern konsequent leben und kommunizieren, profitieren doppelt: Sie gewinnen leichter Top-Talente und binden bestehende Mitarbeitende langfristig. Die Attraktivität als Arbeitgeber steigt, während gleichzeitig die Recruiting-Kosten sinken, da qualifizierte Bewerbungen durch Mundpropaganda und positive Reputation zunehmen.

Gleichzeitig steigert eine starke Kultur die Motivation, fördert Innovationen und wirkt sich positiv auf Kundenbindung und Reputation aus. Studien belegen, dass Unternehmen mit hoher kultureller Kohärenz durchschnittlich 15% höhere Produktivitätsraten aufweisen und ihre Mitarbeitenden mehr Eigeninitiative entwickeln. Gerade in Krisenzeiten zeigt sich zudem, dass Organisationen mit gefestigter Wertestruktur widerstandsfähiger sind und schneller wieder auf Kurs kommen – ein erheblicher Resilienzfaktor in volatilen Märkten.

Nicht zuletzt strahlt die Kultur auch auf die Kundenerfahrung aus: Mitarbeitende, die sich mit ihrem Unternehmen identifizieren und dessen Werte teilen, transportieren diese positive Energie auch in den Kundenkontakt. So wird Kultur letztlich zum Differenzierungsmerkmal im Wettbewerb um Talente und Kunden gleichermaßen.

Fazit

Eine gelebte, transparente Unternehmenskultur ist heute weit mehr als ein Nice-to-Have – sie ist zum neuen Gehalt geworden. Der Schlüssel liegt darin, Werte und Purpose nicht nur plakativ zu kommunizieren, sondern täglich erfahrbar zu machen. Ob in Form von Video-Interviews, ungeschönten Behind-the-Scenes-Einblicken oder interaktiven Recruiting-Formaten: Authentizität gewinnt immer. Mitarbeitende, die spüren, dass ihre Arbeit einem größeren Sinn dient und ihre Stimme gehört wird, entwickeln eine tiefere emotionale Bindung zum Unternehmen. Das senkt Fluktuation, steigert die Leistungsbereitschaft und macht aus Kolleg:innen engagierte Markenbotschafter:innen. HR-Verantwortliche sollten deshalb klare Routinen etablieren, um Kultur sichtbar zu halten – etwa regelmäßige Q&A-Runden mit der Geschäftsführung oder Pulse Surveys zur Kulturzufriedenheit. Eine solche Kulturarbeit zahlt sich mehrfach aus: Sie erleichtert Rekrutierung, senkt Recruiting-Kosten und stärkt die Wettbewerbsfähigkeit. Langfristig wird Kultur so zum zentralen Differenzierungsmerkmal im War for Talents und zum entscheidenden Erfolgsfaktor für nachhaltiges Wachstum.

Beitrag teilen

Empfohlene Artikel

Verwandte Beiträge

Die EU-Entgelttransparenzrichtlinie: Was auf Dich als Arbeitgeber:in jetzt zukommt

Rechtliches

Die EU-Entgelttransparenzrichtlinie: Was auf Dich als Arbeitgeber:in jetzt zukommt

AU

Amarachi Ugochukwu

28. April 2025

Employer Branding 2025: Was macht Arbeitgeber:innen wirklich attraktiv?

Arbeitgeberattraktivität

Employer Branding 2025: Was macht Arbeitgeber:innen wirklich attraktiv?

MR

Maximilian Roskosch

28. April 2025

Flexible Sachbezüge statt Tankgutscheine: So modernisierst Du Deine Mitarbeiter:innen-Benefits

Benefits

Flexible Sachbezüge statt Tankgutscheine: So modernisierst Du Deine Mitarbeiter:innen-Benefits

ZW

Zora Wolbert

25. April 2025

Alle Beiträge anzeigen

Ein extra Benefit - direkt in Deinem Posteingang

Mit der Anmeldung stimmst Du unserer Datenschutzerklärung zu.

HelloBonnie

Eine Smartcard, flexible Benefits

InstagramLinkedIn

Ressourcen

BenefitsBlogGlossarPreiseSteuervorteileÜber uns

© 2025 HelloBonnie Technologies GmbH